Dienstag, 3. April 2012

Logbuch einer Geburt - Wasser ist unser Element

2:30 Blasensprung mit Abgang einer Menge Fruchtwassers. Die Hebamme wurde informiert. Wir sollen noch weiterschlafen, aber das geht nicht. Der werdende Papa ändert noch schnell die Meinung über den Namen des zukünftigen Erdenbürgers. Die ersten leichten Wehen setzen schon ein.

3:30 Anruf bei der zukünftigen Oma

5:00 Oma kommt mit frischen Brötchen und Kaffee. Wir frühstücken.

6:00 Ab in die Badewanne.

7:00 Wehen werden regelmäßiger, sind aber noch nicht sehr stark.

8:00 Erneuter Anruf bei der Hebamme. Wir können uns auf den Weg ins Krankenhaus machen.

8:30 Abmarsch ins Krankenhaus, wir brauchen nur 30 Minuten. Auf dem Weg dorthin lassen die Wehen sehr nach.

9:00 Ankunft im Krankenhaus, ich werde ans CTG angeschlossen. Die Wehen sind erst als ganz kleine Ausschläge erkennbar.

9:30 Meine Hebamme kommt an. Sie tastet den Muttermund, er ist erst 1-2cm offen. Sie sagt es wird ein langer Tag werden und schickt uns erstmal für 30 Minuten auf einen flotten Spaziergang durch das Krankenhausgelände. Wir sind wirklich flott, die Oma holt uns aber in den Wehenpausen immer wieder ein.

10:30 Wieder am CTG, die Wehen sind schon etwas kräftiger, aber noch nicht sehr wirkungsvoll. Muttermund immer noch auf 2cm. Also sollen wir noch mal eine Stunde spazieren gehen.
Ich esse noch ein Zimtbrötchen und eine Banane, so schnell werde ich wohl nichts mehr bekommen, denk ich mir. Und dann geht es los. 3 Runden um die endlos scheinende Mittelallee, ich merke schon, dass die Wehen jetzt bei jeder Runde heftiger werden und nach 50 Minuten hab ich keine Lust mehr sie dort zu veratmen, zu viele Leute um einen herum. Wir gehen zurück in den Kreißsaal.

12:00 Juhu, es hat sich was getan. Der Muttermund ist jetzt bei 4cm. Ich werde noch gefragt, ob ich ein Mittagessen möchte, aber an Essen ist nicht mehr zu denken. Meine Hebamme ist noch unterwegs zu einem Wochenbettbesuch. Ich komme wieder ans CTG, das ich im Liegen schon nicht mehr toleriere. Die Wehen werden jetzt schon sehr stark, lassen sich aber noch gut veratmen. Eine Gynäkologin kommt und macht noch einen Ultraschall, dass Baby ist fast richtig eingestellt, es muss sich nur noch ein bisschen drehen. Ich bekomme mein persönliche Lebensversicherung, einen venösen Zugang. Und dann beginnt die richtige Vorbereitung auf die Geburt. Ich werde auf die Toilette geschickt und bekomme ein Klysma. Danach noch zwei Buscopan-Zäpfchen, die sollen den Muttermund schön weich machen. Danach darf ich zur Entspannung in eine Badewanne.

13:00 Meine Hebamme ist wieder da, als ich gerade in die Wanne steige. Die Wärme tut gut. Die Wehen lassen sich besser veratmen, werden aber auch heftiger. Der Papa muss mich immer an den Armen in die Höhe ziehen, wenn eine Wehe kommt. Das tut mir gut und er ist auch mit vollem Körpereinsatz beschäftigt. 
Beim nächsten Tasten ist der Muttermund schon auf 6cm, was für ein Erfolg. Und so darf ich dann auch in einen richtigen Kreißsaal mit Gebärbadewanne umziehen.

14:00 Jetzt bin ich in der Gebärbadewanne angekommen. Sie ist schön groß und bietet viel Platz für Bewegung und verschieden Positionen. Der Papa ist immer hinter mir, zieht mich bei den Wehen an den Armen hoch und versorgt mich mit Wasser. Oma ist auch da und fiebert mit.

Die nächsten Stunden bis zur Geburt sind für mich raum- und zeitlos. Meine Augen sind die meiste Zeit geschlossen. Ich konzentriere mich voll und ganz auf die richtige Atmung und auf mich. Ich ändere manchmal meine Position, aber eigentlich weiß ich nicht wo ich bin und was sonst um mich herum los ist. Aber in manchen Momenten kann ich mich auch sehr gut erholen und bin voll da. Als der Papa hinter mir einmal vom Wannenrand abrutscht, scherze ich noch, er solle doch nicht einschlafen.

Der Muttermund geht weiter gut auf, es fehlen irgendwann nur noch wenige Millimeter am Rand und ein Ende für mich ist nahe. Aber die letzte Stunde ist die schlimmste. Ich darf noch nicht pressen, aber die Wehen sind so stark. Ich weiß nicht mehr wohin mit mir, keine Position ist erträglich. Ich möchte am liebsten weg, aber dafür ist es jetzt zu spät. Gedanken gehen mir durch den Kopf: Soll ich aus dem Wasser raus? Vielleicht eine PDA? Oder wenigstens irgendetwas gegen die Schmerzen? Aber für solche Diskussionen habe ich keine Energie. Ich muss atmen, tief atmen, dass Baby braucht den Sauerstoff und ich auch.
Dann darf ich zwischendurch mal pressen, dann soll ich wieder atmen. Das verwirrt mich... Aber irgendwann kommt der Endspurt vom Marathon. Ich darf endlich richtig pressen. Die  Hebamme sagt: „Ich kann jetzt nicht mehr helfen, das Pressen muss ich machen.“ Und ich presse!
Pro Wehe schaffe ich es meist dreimal zu pressen. Blöde Krämpfe im Oberschenkel kommen dazu und gehen an meine Reserven. Aber ich spüre schon den Druck des Köpfchens nach draußen und das gibt mir Kraft. Die Oma geht um die Wanne herum und hat nun auch schon das Köpfchen gesehen. Bei der nächsten Wehe soll ich mit den Händen in meine Kniekehlen greifen und wieder alles geben. Der Kopf geht vor und steckt nun mitten im Damm fest. Ich soll nicht weiterpressen, der Druck ist so stark. Da steckt dieser Kopf halb in mir, halb ist er draußen. Ich kann nicht mehr denken. Die Hebamme redet mit dem Arzt, sie findet es sei besser nun zu schneiden. Ich höre das Wort „schneiden“ und sage nur: Ja, ja bitte schneiden! Ich weiß, dass man diesen Schmerz nicht spürt und es dann schneller vorbei geht. Ich will nur noch mein Baby in meinen Armen halten.
Bei der nächsten Wehe kommt der Schnitt, man spürt ihn, aber es tut nicht weh. Ich presse noch mal mit meiner ganzen Kraft und nun ist das Köpfchen draußen und ein wahnsinniger Druck lässt nach.
Nun heißt es noch einmal tief durchatmen und die letzten Kräfte mobilisieren. Mit der nächsten Wehe will ich mein Baby haben. Ich warte auf die nächste Wehe, atme ruhig und tief durch. Dann kommt sie, ich gebe noch einmal alles. Und dann ist es geschafft.

16:42 Ich habe mein Baby in meinem Arm.
Es ist ganz ruhig und guckt mich mit seinen kleinen Äuglein an. Der Papa schneidet die Nabelschnur durch, auch wenn er erst nicht wollte, er macht es super.
Ich blute anscheinend irgendwo und soll dann schnell aus der Wanne, damit der Arzt schauen kann, wo es herkommt. Der Papa bekommt nun zum ersten Mal seinen Sohn in den Arm.
Ich steige aus der Wanne und zittere am ganzen Körper, mir ist so kalt. Für die Nachgeburt lege ich mich ins Bett, denn erst wenn die Plazenta da ist, ist die Geburt beendet. Der Arzt untersucht mich, keine Blutung mehr, alles ist gut.
Dort bekomme ich auch den kleinen nackten Max auf meinen Bauch gelegt, er ist wie eine Wärmflasche und schnell ist mir nicht mehr kalt. Er ist so rosig und die Haut ist so weich. Das ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Ich bin einfach nur glücklich.
Die Plazenta ist nun auch da, die Nabelschnur ist sehr lang und hat sogar einen Knoten, aber das hat dem Kleinen nicht geschadet.
Ich werde noch genäht und dann im Bett in ein anderes Zimmer geschoben. Dort wird erstmal mit meinem Kleinen gekuschelt und der erste Stillversuch unternommen.

19:30 Alles ist prima, dem Kleinen geht es gut und mein Kreislauf ist stabil. Wir dürfen nach Hause gehen. „Aber bitte jetzt mit Taxi“, warnt mich die Hebamme ;-)

20:30 Wir kommen zuhause an. Vor 12 Stunden waren wir dort ohne Baby losgegangen und jetzt kommen wir als kleine Familie nach Hause.

5 Kommentare:

  1. wunderschön geschrieben,da freut man sich doch auf die geburt :)

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  2. Find ich auch. Und sehr schön, dass es euch jetzt immer noch so gut geht!

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  3. Hallo, ich wollte nur mal ein kleines Hallo dalassen. :-) Schön geschrieben, das gibt ein bisschen Zuversicht und Mut für die eigene Entbindung.

    lg

    Sabrina

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  4. Wir wollten eigentlich auch eine Wassergeburt. Nur leider (oder besser gesagt glücklicherweise) ging dann bei uns alles so schnell, dass die Hebamme meinte: "Bis das Wasser eingelassen ist, ist das Baby schon da" :-).

    Liebe Grüße
    Riana

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